04.September 2024
Wenn es etwas gibt, dass mich durch mein ganzes bisheriges Leben begleitet hat, dann ist das die Musik.
Zu meinen frühen Kindheitserinnerungen gehört die Beobachtung, wie mein Vater sich ins Wohnzimmer unserer damaligen Wohnung zurückzog, um den großen Tenöre der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts zu lauschen. Schon damals spürte ich, dass Musik offenbar mehr ist, als nur die Aneinanderreihung von Tönen. Es hatte fast etwas andächtiges.
Zur Erstkommunion bekam ich dann meinen ersten Kassettenrecorder geschenkt. Von da an konnte ich meine eigenen Radiosendungen aufnehmen. Die Moderation kam von mir, die songs aus dem Radio. Ab 1974 landeten so Abba, The Mud, The Rubettes, The Sweet und andere Bands auf meinen bunt bemalten Kassetten. Besonders beeindruckt haben mich damals auch meine Kopien der legendären Beatles-LPs, die der älteren Schwester meines besten Freundes gehörten.
Mein acht Jahre älterer Bruder hatte eine riesige Sammlung von Kassetten und LPs. Manchmal durfte ich eine davon anhören. Als ich 1977 „News of the world“ von Queen anhörte, war das eine musikalische Offenbarung und Musik zog mich noch mehr an als zuvor. Im gleichen Jahr entdeckte ich in seiner Sammlung Amanda Lear’s Debütalbum - wieder eine neuer Musikstil.
Mit etwa fünfzehn Jahren gehörten Ultravox, Blondie, Human League, OMD und andere New Wave-Bands zu meinen Favoriten. Zum ersten Mal hörte ich die Sex Pistols, wurde Fan von The Police und tauchte dann mit Siebzehn in die noch junge Punkszene ein, mit all ihren mehr oder weniger bekannten Bands wie The Damned, The Clash, den Ramones, GBH usw.
1981 erlebte ich wiederum eine tief prägende musikalische Erfahrung durch das Album „Faith“ von The Cure. Zu der Zeit gehörten auch The Sisters of Mercy, The Cult oder Killing Joke zu meinen Favoriten. Nicht nur auf Livekonzerten hatte ich das Gefühl, Teil ihrer Musik und ihrer mehr oder weniger bewussten spirituellen Botschaft zu sein, was auch mit dem damals heftigen Drogenkonsum zu tun hatte.
Dann war es Zeit, eine Band zu gründen. Geprägt von unseren musikalischen Vorbildern, mit großen Träumen und wenig Können übten wir in unserem ersten Proberaum, der sich in einem besetzten Haus befand. Die Musik war wichtiger als je zuvor, denn nun schrieb ich die ersten songs. Meist aber sangen und spielten wir sehr spontan, was oft sehr besonders war. 1985 lebte ich auf Messers Schneide. Ich wusste, dass mit unserem ersten größeren Konzert Anfang 86 eine Entscheidung fallen müsste. Entweder Erfolg in der Musikwelt oder der Versuch, wieder ein normales Leben zu führen. Ich wusste, das erste würde mich schnell das Leben kosten.
Am Tag des Konzerts, während die erste Band spielte, änderte sich der Soundtrack meines Lebens wieder einmal: Ein paar junge Christen waren in den Club gekommen und erzählten mir von Jesus. Ich hatte vom Glauben weder eine Ahnung, noch irgendein Interesse daran. Kirchgänger waren in meinen Augen Spinner. Aber ich war damals so kaputt, dass ich mein Leben betend Gott anvertraute, einfach mit dem Gedanken: „Wenn es nichts nützt, schaden kann es auch nicht…“. Unser anschließendes Konzert war kein Erfolg. Ich konnte die Texte, die von Dunkelheit durchzogen waren, nicht mehr singen und meine anziehende spirituelle Kraft war mit dem Gebet der Lebensübergabe an Jesus weg.
Dann entdeckte ich 1986 Lobpreis- und Anbetungsmusik und war sofort zutiefst berührt. Niemals zuvor hatte Musik so eine Kraft und geistliche Tiefe wie in diesen, auf Gott ausgerichteten Liedern. Ich staunte darüber, dass das emotionale und spirituelle Erlebnis während der Anbetungszeiten, sowohl im Gottesdienst, als auch Zuhause weit über die Drogenerfahrungen hinaus gingen. Gott war da - in der Musik, meinem Ausdrucksmittel, in meiner Sprache.
Bald leitete ich Lobpreisteams, spielte in der Gemeinde und auf Konferenzen, schrieb Songs, brachte CDs raus und verbrachte viel Zeit damit, mit anderen Musik zu machen.
Noch immer ist Musik ein sehr bedeutender Teil meines Lebens. Gerade jetzt, während ich dies schreibe, höre ich Sting zu, wie er von den „Fields of Gold“ singt.
Mein musikalischer Geschmack ist über die Jahrzehnte meines Lebens hinweg sehr breit geworden, wofür ich dankbar bin. Ich genieße es, dass mir Musik aus vielen verschiedenen Genres gefällt.
Seit vielen Jahren bin ich ein Teil der Gemeinschaft vom Gebetshaus Freiburg. Unzählige Stunden habe ich hier gesungen und gespielt. Ich habe angebetet, geweint, gelacht und ich habe Momente erlebt, in denen es ok für mich gewesen wäre, wenn ich in diesen Augenblicken gestorben wäre - so intensiv waren die Begegnungen mit dem Heiligen Gott.
Vermutlich werde ich bis zum Ende meines irdischen Lebens Musik hören und machen. Wahrscheinlich nicht mehr von Bühnen herab, aber weiterhin viele Stunden im Gebetshaus, Woche um Woche.
„Music was my first Love“ von John Miles drückt gut aus, was Musik mir bedeutet. Sie war vielleicht wirklich meine erste große Liebe. Allerdings muss ich bei der zweiten Zeile jedes Mal denken: „Nein, sie wird nicht meine letzte sein“. Meine größte Liebe, größer als die zur Musik, gehört demjenigen, dem ich am Ziel meiner Anbetung treffe.
Was ich gerade besonders mag und sehr oft höre, wenn ich bete, ist die Musik von Tony Anderson. Wenn du bei Spotify unterwegs bist, findest du unter meinem Namen eine Playlist mit der Bezeichnung „Kontemplation Instrumental“. Vielleicht gefällt sie dir.
Mögen dich die songs dieser Woche in die Arme des Schöpfers des Geschenks Musik führen.
Alles Liebe. Rainer
PS: Wie lustig, dass Spotify mir gerade zum Ende des Schreibens „Dust in the Wind“ von Kansas in meine Kopfhörer schickt..
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