01. August 2022
In der Bibel steht ein Satz, auf den ich immer wieder stoße. Um ehrlich zu sein: es ist ein Satz, bei dem ich manchmal innerlich seufze, wenn ich ihn lese:
„Was ist denn der Mensch, Herr, dass du ihn beachtest? Was bedeutet er dir, der vergängliche Mensch, dass du dich mit ihm abgibst?“ Psalm 144,3
Diese Aussage steht für das Erstaunen des Königs David, der diesen Psalm verfasst hat. Er staunt über die Tatsache, dass Gott sich überhaupt mit uns Menschen beschäftigt.
Auch ich staune manchmal über Menschen, aber mein Staunen ist zweigeteilt. Ich staune erstens darüber, wie sehr wir Menschen einander verletzen, ablehnen, bekämpfen und uns das Leben gegenseitig oft schwer machen. Ich staune darüber, wie geizig wir sind und wie wenig wir andere Menschen fördern, beschenken und unterstützen.
Deshalb sind mir die Menschen manchmal zu viel. Damit meine ich nicht, dass ich irgendwie besser wäre als andere, aber: Es sind eben oft andere Menschen, die mein Leben verkomplizieren, mir ein Bein stellen, mich angreifen oder mich ignorieren. Es sind Menschen, die aus Egoismus heraus die Erde und andere Menschen ausbeuten.
Aber es gibt auch ein anderes Staunen in mir. Trotz allem ist jeder einzelne Mensch wert-voll. Ich glaube und erlebe, dass in den verrücktesten, selbstbezogensten und unattraktivsten Menschen zugleich auch Wertvolles schlummert. Die Bibel sagt, dass der Mensch „nach dem Bild Gottes“ geschaffen wurde. Und obwohl vermutlich der größte Teil der Menschheit ohne Gott lebt, ist noch immer etwas in jedem Einzelnen zu finden, das göttlichen Ursprungs ist, denn jeder Mensch wurde von Gott geschaffen und ist einzigartig, ist besonders.
Manchmal mache ich mich auf die Suche nach diesem Besonderen, auf die Suche nach dem Schönen inmitten von Zerbrochenheit oder nach dem Zarten, das umgeben ist von einem Mantel aus Zorn. Ich suche dann nach dem Kern, dem Heiligen, dem Eigentlichen in der betreffenden Person - und ich werde fündig. Jeder Mensch ist eine Art Schatzkiste. Vielleicht muss man mit der Schaufel der Liebe, der Harke der Geduld und dem Besen der Vergebung erst einmal viel Schmutz beiseite räumen, um zum Schatz vorzudringen, aber er ist da und er ist schön.
Ich wünsche dir und mir, dass wir uns auf Schatzsuche begeben. Ja, andere Menschen können uns zu viel werden. Aber ein wacher Blick und die Bereitschaft, den inneren Schatz im Anderen zu entdecken kann uns auch viel geben. Und: auch du hast einen Schatz in dir, aus dem heraus du andere beschenken kannst.
Vielleicht ist auch dein Schatz tief verborgen unter so mancher Schicht von Schmerz und Schmutz - aber er ist da.
Alles Liebe. Rainer
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