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AutorenbildRainer Harter

Lobpreis und Leben

20. Februar 2023


Ich leite ein Gebetshaus.

Das ist ein Ort, an dem viel gebetet und viel gesungen wird. Ungefähr 130 Mitarbeiter aus verschiedenen Konfessionen teilen die Vision, dass in Freiburg rund um die Uhr gebetet wird. Das ist wunderbar, wichtig und sogar notwendig.




Ich verbringe auch selbst jede Woche einen Teil meiner Zeit im Gebetsraum. Dabei lese ich auf einem großen Monitor immer wieder die Texte der Lieder mit und stelle mir oft die gleiche Frage: Stimmen die Worte mit unserem Leben überein?


Vor einiger Zeit war ich von einer größeren Studentengruppe eingeladen worden, um einen Vortrag zu halten. Der betreffende Abend begann mit einer Lobpreiszeit. Auch dort fiel mir auf, welch krasse Aussagen uns singend über die Lippen kommen.

In einem der Songs stach für mich eine an Gott gerichtete Bitte heraus:

 

„Set a fire down in my soul that I can‘t contain and I can‘t control.“

Das fand ich wirklich „groß“.


Meinen Vortrag begann ich mit der Frage, ob die Anwesenden sich beim Singen zugehört hätten. Dann fragte ich, ob sie es tatsächlich so meinten wie sie gesungen hatten: „Wollt ihr ernsthaft die Kontrolle verlieren?“


Solche und ähnliche Texte singen wir oft recht unreflektiert. Natürlich helfen starke Worte dabei, die echte Sehnsucht nach Gott in uns auszudrücken. Vermutlich (und zum Glück!) nimmt Gott auch so manche unserer gesungenen Aussagen nicht ganz ernst oder „drückt ein Auge zu“, weil er um unsere Liebe dahinter weiß.


Dennoch leide ich auch unter den immer heftiger werdenden Songtexten, weil ich nicht möchte, dass es eine Kluft zwischen den Worten der Lieder und meinem Leben im Alltag gibt.

Beispiel: Ist Jesus wirklich „alles“ für mich - also ALLES? Und genügt mir tatsächlich seine Liebe auch dann noch, wenn meine Welt zerbricht? Singe ich ihm wahrhaft von Herzen, egal, was er mir gibt - oder nimmt? Lege ich ernsthaft alles vor ihm nieder und gebe ihm alles, was ich bin und habe?


Bei manchen Texten bin ich manchmal lieber still. Ein anderes Mal singe ich von Herzen mit, weil ich es in diesem Moment auch so meine - oder zumindest meinen möchte.


Ich möchte dir den Lobpreis nicht verderben oder an der Ernsthaftigkeit zweifeln, die hinter deinen gesungenen Worten liegt.

Zudem ist Gott zu loben nicht nur richtig, sondern auch eine befreiende Erfahrung, weil unser Blick auf ihn und damit über unsere Sorgen hinaus gelenkt wird.

Aber ich möchte dich im Blick auf die neue Woche ermutigen, dich nicht nur von den eingängigen Melodien und starken Texten mitnehmen zu lassen, sondern ganz „da“, zu sein, wenn du singst und Gott zu bitten, dir dabei zu helfen, dass dein Lobpreis und dein Leben in Übereinstimmung stehen, wo das eben noch nicht so ist.


Vielleicht hilft es auch, weniger Lieder mit großen Versprechungen zu singen und dafür mehr solche, in denen es um Gott selbst geht, denn dafür ist der Lobpreis vor allem da. Und da kannst du auch beim Singen nicht daneben liegen, denn er IST vollkommen und er hat wirklich ALLES gegeben. Du und ich sind noch hingegen noch auf dem Weg.


Eine gute Woche wünsche ich dir.


Rainer

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