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AutorenbildRainer Harter

Gott der Liebe


Von Freitag bis gestern Mittag war ich als Sprecher auf einer Tagung der GGE (Geistliche Gemeindeerneuerung in der Evangelischen Kirche) eingeladen. Meine letzte Aufgabe dort war es, die Abschlusspredigt zu halten – ein für mich jeweils recht entspannter Moment, denn die Herausforderungen der vorausgegangenen Vorträge liegen dann bereits hinter mir, und ich kann die Atmosphäre genießen.







Am Samstagabend war ich noch darauf eingestellt, meinem Skript zu folgen und am kommenden Morgen über die Apostolischen Gebete zu sprechen, als ich den Impuls verspürte, stattdessen spontan von der Liebe Gottes zu erzählen. Das ist nun kein besonders exotisches Thema, und doch stelle ich fest, dass sich viele Menschen damit schwertun, die Liebe Gottes ganz persönlich an sich heranzulassen, an sie zu glauben und sie zu empfangen. Deshalb versuchte ich am Sonntag, einen kurzen Bogen über die biblische Geschichte der Liebe Gottes zu uns Menschen zu erzählen. Hier ist er:


Alles beginnt mit Gott, der in seiner Dreieinigkeit die perfekte Liebe lebt, gibt und empfängt.

Die frühe Kirche des Ostens fand ein wunderbares Bild, um die Trinität Gottes zu beschreiben, das ich zur Veranschaulichung vorstellen möchte. Das Bild der „Perichorese“ beschreibt das innige und gegenseitige Verhältnis zwischen den drei Personen der Trinität – dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist. Der Begriff stammt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „Umkreisung“ oder „Wechselbeziehung“.


Man kann sich die Perichorese bildhaft als den „ewigen Tanz der Liebe Gottes“ vorstellen: Der Vater blickt voller Liebe und Faszination auf seinen Sohn, während dieser sich begeistert dem Heiligen Geist zuwendet, dessen Blick wiederum in inniger Liebe zwischen Vater und Sohn wechselt. In dieser dynamischen Beziehung ist Gott vollkommen glücklich – in, mit und als Gott. Gott geht es sehr gut.


Manchmal stelle ich mir vor, wie aus der Fülle dieser Liebe der Gedanke in Gott aufstieg, Geschöpfe zu erschaffen, um sie Anteil an dieser beglückenden Liebe haben zu lassen, denn sie ist so wunderschön. Also bringt Gott zuerst die Materie hervor und schließlich erschafft er sein Gegenüber, den Mensch. Nachdem seine Form und Gestalt geschaffen war, trug er allerdings noch kein Leben in sich. Erst als Gott sich in Freude und Erwartung zu ihm neigt und ihm den Atem des Lebens einhaucht, erwacht das geliebte Geschöpf zum Leben. Seine allererste Wahrnehmung ist der Blick in das nahe Angesicht der vollkommenen Liebe.


Doch als sich der Mensch vom Satan verführen lässt, entsteht ein Riss zwischen ihm und seinem Schöpfer, der zu schrecklichen Konsequenzen führt. Wenn wir an diese Geschichte denken, fallen sie uns oft als erstes ein. Dabei übersehen wir leicht den tiefen Schmerz, der in Gott aufsteigt, als sich der geliebte Mensch bewusst von ihm abwendet. Aus Gottes erster Frage wird dies deutlich ersichtlich, denn sie lautete nicht: „Was hast du getan?“, sondern „Wo bist du?“. Gott spürte den Schmerz der Trennung, den Riss in der Beziehung, die Distanz, die durch die Sünde entstanden war. Er spricht die Konsequenzen aus, die der Mensch fortan tragen muss, aber er wendet sich nicht ab. In einem weiteren Akt der Liebe und Fürsorge greift Gott in seine Schöpfung ein, auf eine Weise, die vielleicht nie geplant war. Um den Menschen zu retten, werden nämlich andere Geschöpfe dem Tod übergeben, damit der Mensch bekleidet werden kann. Gott kümmert sich weiter um seinen Menschen.


Zeitsprung:


Der Apostel Paulus hatte eine tiefgreifende Einsicht in die Liebe Gottes. Er wusste, wie sehr sich Gott nach dem Menschen sehnt, und verglich diese Liebe mit der zwischen einem Bräutigam und seiner Braut. In seinem Brief an die Gemeinde in Korinth schreibt er deshalb:


„… denn ich habe euch einem Mann verlobt, um euch als eine keusche Jungfrau vor den Christus hinzustellen…“. (2.Kor.11,2).

In diesem Stadium leben wir Christen noch heute, und es deutet darauf hin, wie die Geschichte Gottes mit dem Menschen enden wird. Was sich auf den ersten Seiten der Bibel andeutet und bereits im frühen Christentum verstanden wurde, wird am Ende vollständig erfüllt sein, nämlich dann, wenn Christus seine Braut für immer in seine Arme schließen wird.


„Lasst uns fröhlich sein und jubeln und ihm die Ehre geben; denn die Hochzeit des Lammes ist gekommen, und sein Weib hat sich bereitgemacht.“ (Offenbarung 19,7).

Was aus menschlicher Sicht unfassbar erscheint, ist dennoch Realität: Gott sehnt sich nach dieser ungleichen Beziehung, die ihren Höhepunkt in einem Hochzeitsfest finden soll. Gott sehnt sich nach dir und mir. Die Errettung, die er durch den Tod und die Auferstehung seines Sohnes Jesus Christus ermöglicht hat, ist der Akt eines Gottes, der uns von ganzem Herzen und aus Liebe bei sich haben möchte. Er ist der größte Liebesbeweis, den Gott geben konnte. Er gab einen Teil seines vollkommenen Wesens in den Tod, damit wir wieder in einer nahen Beziehung mit ihm leben können. All das tat er nicht aufgrund unserer Anstrengungen, sondern weil er uns liebt.


Den Anfang dieser Liebesgeschichte finden wir gleich auf den ersten Seiten der Bibel, ihren Höhepunkt auf den letzten. Etwa in der Mitte der Heiligen Schrift beschreibt das Buch des Hohelieds die ungleiche Liebesbeziehung, die wir bereits jetzt – im Stadium der Verlobung – erleben dürfen. Ich möchte dich ermutigen, das Hohelied mit dem Blick auf die Liebe Gottes zu lesen und dir seine Worte zu eigen zu machen. Gott ist der Bräutigam – sprich nicht nur als Nachfolger oder Fürbitter zu ihm, sondern auch in der Sprache einer Braut. Höre zugleich die Worte, die der liebende Bräutigam-Gott zu seiner Braut sagt, wie zum Beispiel diese:


„Du hast mir das Herz geraubt, meine Schwester, meine Braut. Du hast mir das Herz geraubt mit einem einzigen Blick aus deinen Augen, mit einer einzigen Kette von deinem Halsschmuck. Wie schön ist deine Liebe, meine Schwester, meine Braut! Wieviel köstlicher ist deine Liebe als Wein und der Duft deiner Salben als alle Balsamöle!“ (Hoheslied  4,9-10).

Der Gott, der uns auf den Seiten der Bibel begegnet, ist der Gott der Liebe. Seine Liebe ist keine Einbildung und sie ist viel mehr als nur ein Gefühl. Sie ist die treibende Kraft hinter allem, was er tut – von der Schöpfung des Universums bis hin zur Erlösung der Menschheit. Sie ist erfahrbar.


Jesus ist der Bräutigam, der auf seine Braut wartet. Er wartet voller Vorfreude auf den Tag, ab dem wir in vollkommener Gemeinschaft mit ihm leben werden. Gerade in Zeiten von Zweifeln, Trauer oder Einsamkeit dürfen wir uns daran erinnern, dass Gott uns zutiefst liebt und uns nie aus den Augen verlieren wird. Nicht nur wir verspüren Sehnsucht danach, endlich mit ihm vereint zu werden, Jesus verspürt sie auch - sonst wäre er kein Bräutigam.


Ich bete, dass die Kirche in Deutschland diese Liebe neu entdecken wird – eine Liebe, der die Kraft zur Transformation innewohnt, die heilt und verbindet.

Ich wünsche dir von Herzen, dass du die Einladung, in die Beziehung mit dem Gott der Liebe einzutreten, annimmst. Wenn du das schon getan hast, wünsche ich dir für die kommende Woche, dass deine Liebesbeziehung zu Gott wächst - Gott sehtn sich danach.


Alles Liebe, Rainer


87 Ansichten1 Kommentar

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1 Comment


stefan
Nov 04

Eigentlich krass, dass der Schöpfer des Universums, des Himmels und der Erde, der sichtbaren und der unsichtbaren Welt, seine eigenen Geschöpfe so sehr liebt, dass er alles dafür tut, sich selbst in der Person seines Sohnes Jesus Christus bis zum Äußersten erniedrigt hat, um mit uns Gemeinschaft haben zu können... es ist einfach die größte Liebesgeschichte aller Zeiten...


https://gottsucher.de/liebesgeschichte

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