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AutorenbildRainer Harter

Fasten? Fasten!

4. März 2021



Es ist wieder Fastenzeit.


Das klingt in den Ohren des einen gut, in denen eines anderen eher nicht so...


Als ich ein junger Christ war (jetzt bin ich nur noch Christ…), verstand ich bald, dass das Thema Fassten im Christentum eine nicht unbedeutende Rolle spielt.


Für mich persönlich zog ich aus dieser Erkenntnis den folgenden Schluss: „Wer ein guter Christ sein will, der muss fasten“. Dunkel und ungern erinnere ich mich an die damaligen Versuche, zu fasten: Es war anstrengend. Langweilig. Vergeblich.


Ein Beispiel: Ende der 80er-Jahre fuhren meine Frau und ich in unserem VW-Camper nach Griechenland in Urlaub. Ich nahm mir fest vor, während des Urlaubs meinen inneren Schweinehund zu überwinden und für ein paar Tage zu fasten - also nichts zu essen und dafür mehr Zeit im Gebet zu verbringen. Das ging ordentlich schief.

Noch heute tut es mir leid für meine Frau, die infolge meiner Entscheidung drei Tage lang mit einem schlecht gelaunten, motivationslosen und jammernden Ehegatten den engen Bus und ihre kostbaren freien Tage teilen musste.

Natürlich war ich am Ende der drei Fastentage stolz auf mich: Ich hatte es mir (und Gott) gezeigt.

Nur: Das Gefühl des Sieges wich bald der Erkenntnis, dass ich ja eigentlich öfters als nur einmal im Jahr fasten sollte und dem Wissen darum, dass ich dies aber gar nicht will.


Wer als Christ ein derart falsches Verständnis vom Fasten hat wie ich es damals hatte, der lässt das Fasten bald wieder sein oder findet schnell und leicht Begründungen dafür, warum er oder sie nicht fastet. So gibt es ja beispielsweise kein Gebot Jesu über das Fasten und über die zahlreichen Beispiel und Aussagen zum Thema lernt man, hinwegzulesen.


Es ist jetzt fast zwanzig Jahre her, als sich mein Zugang unvermittelt änderte. Ich war damals in den USA und besuchte dort das International House of Prayer in Kansas City. Das Gebetshaus Freiburg würde im gleichen Jahr entstehen und einige Freunde und ich wollten uns vor Ort ansehen, wie eine Gebetshaus, in dem kontinuierlich gebetet wird, funktioniert und aussieht. Im ihop begegneten mir erwartungsgemäß viele Menschen, die viel beteten. Womit ich allerdings nicht gerechnet hatte, war, dass ich dort auch auf sehr viele Menschen stieß, die viel beteten und viel fasteten. Was mich zutiefst überraschte war, dass sie dabei einen fröhlichen Eindruck auf mich machten!


Da meine eigenen Versuche zu fasten noch immer nicht besonders fröhlich waren, machte ich mich daran, das Geheimnis dieser Beter zu ergründen, die zugleich mit Freude fasteten. Wer mich kennt der weiß: Ich wurde fündig und was ich entdeckte, hat mein weiteres Leben stark geprägt. Seit damals gehört das Fasten von Nahrung ganz selbstverständlich zu meinem Alltagsleben. Nicht immer fällt es mir leicht, doch der Lohn des Fastens übertrifft den Einsatz des Verzicht bei weitem. Im Gebetshaus Freiburg, der Gemeinschaft zu der ich gehören darf, ist ein Lebensstil des Fastens ebenfalls ein Dauerthema - gerade jetzt stehen wir vor einer Woche des gemeinschaftlichen Fastens. Doch ich greife vor.


Zwei Erkenntnisse haben mir den Zugang zum Fasten als integralem Teil meines Alltagslebens erschlossen, sie möchte ich im Folgenden kurz beschreiben:


  • Im Neuen Testament wird in Lukas 2 von einer beeindruckenden Frau berichtet. Ihr Name war Hanna, eine zur Zeit der Geburt Jesu über achtzigjährige Dame. Hanna traf als junge Frau eine erstaunliche Entscheidung, als nach nur sieben Ehejahren ihr Mann plötzlich verstarb. Da die Mädchen in der damaligen Zeit bereits im Alter von vierzehn Jahren heirateten, können wir davon ausgehen, dass sie in ihren frühen Zwanzigern war, als das Unglück geschehen ist und sie plötzlich Witwe wurde. Dem mosaischen Gesetz nach war sie frei, sich mit einem anderen Mann zu vermählen, doch sie traf die bemerkenswerte Entscheidung, die ihr Leben für die nächsten sechs Jahrzehnte prägen sollte: Sie wollte Gott dienen und ganz für ihn da sein. Konkret beschreibt Lukas in Kapitel 2, 36-38 den Dienst, den Hanna bis ins hohe Alter ausübte als Dienst des Gebets und des Fastens.


In der Beschäftigung mit Hanna wurde mir klar: Fasten ist offensichtlich ebenso ein Dienst an Gott wie das Gebet und ganz offenbar hat Gott Gefallen an einem Menschen, der als Akt der Hingabe an ihn fastet - immerhin hat Hanna es in die Bibel "geschafft" und die ganze Welt spricht noch heute von ihr.


Diese erste Erkenntnis ist aber unvollständig ohne die zweite, denn für sich alleine gestellt wirkt sie schnell so, als ob Gott Gefallen daran haben könnte, wenn wir uns nur ordentlich abmühen würden. Dem ist aber nicht so: Es geht ihm um Liebe.


  •  Noch bedeutsamer als die Geschichte der Hanna war für mich die Erkenntnis, wie Jesus selbst über das Fasten gesprochen hat: Im zweiten Kapitel des Markusevangeliums wird darüber berichtet, wie Jesus von einer Gruppe von Schriftgelehrten gefragt wird, warum eigentlich seine Jünger nicht fasten würden, wo doch die Jünger von Johannes dem Täufer und auch die der Pharisäer es taten. Jesu Antwort ist erstaunlich, denn sie nimmt das Thema des Fastens weg von der Plattform der Leistung und stellt sie auf den Boden der Liebe. Er sagt:


Können etwa die Hochzeitsgäste fasten, während der Bräutigam bei ihnen ist? Solange sie

den Bräutigam bei sich haben, können sie nicht fasten. Es werden aber Tage kommen, da

der Bräutigam von ihnen weggenommen sein wird, und dann, an jenem Tag, werden sie

fasten.“


Anhand der Aussage Jesu und der Geschichte von Hanna wird deutlich, dass Fasten ein Liebesdienst an Gott ist, durch den wir ihm sagen „Du bist mir wichtiger als alles andere. Mit meinem Fasten zeige ich dir meine Sehnsucht nach dir selbst. Ich mache mich leer, weil ich von dir gefüllt werden möchte. Deinen Willen und deine Pläne möchte ich mit meinem Fasten und Beten unterstützen. Ich wähle freiwillig Schwachheit, weil du in mir stark sein sollst.“


Liebe ist die größte Motivation im Universum. Als ich verstand, wie sehr Hanna Gott geliebt hat und dass Jesus sich selbst als Bräutigam bezeichnet, fiel die religiöse Last des Fastens von mir ab und es wurde zu einem Akt der Liebe.

Die Sehnsucht nach mehr von Jesus in meinem Leben lässt mich immer wieder auf Essen verzichten. Das Verlangen danach, dass er bald wiederkommt macht mich zu einem Fastenden, der nicht locker lässt. Damit sage ich nicht, dass mir das Fasten immer leicht fällt. Wenn ich faste, bin ich unausgeglichener, habe weniger mentale Stärke und bin dünnhäutiger. Aber selbst diese eher negativen Nebeneffekte haben eine positive Seite, denn sie zeigen mir, wie schwach ich schon werde, wenn man mir nur mein Wurstbrot wegnimmt…


Ich bin mir sicher, dass ein Lebensstil des Fastens unsere Seele so nährt, wie das Essen unseren Körper stärkt. Der Lohn des Fastens ist erstaunlich. Es ist die wachsende Sehnsucht nach Gott, die Beschleunigung geistlicher Prozesse in unserem Leben und die zunehmende Erfahrung von Gottes Stärke in unserer Schwachheit. Ich liebe gutes Essen und bin ein leidenschaftlicher Hobbykoch. Dennoch wähle ich den Lebensstil des Fastens, weil er meine Seele hungrig hält und sie zugleich sättigt. Ich bin hungrig nach Jesus. Deshalb faste ich.


Mehr Infos zum Thema Fasten findest du in meinen Büchern und im Lifehack:Fasten im YouTube-Kanal vom Gebetshaus Freiburg.


Alles Liebe. Rainer

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